Im Rausch der Geschwindigkeit
Nutzt man das Fahrrad als Pedelec, also mit Trittunterstützung, hat man drei Geschwindigkeitsstufen zur Verfügung. Auf der ersten Stufe wird man bis rund 20 km/h unterstützt. Das ist schon sehr sportlich. Auf der zweiten Stufe des E-Bikes kommt man dann schon problemlos an die 25 km/h heran. Die dritte Stufe, welche von Haus aus für den deutschen Markt deaktiviert ist, geht dann in Richtung 32 km/h. Mit zusätzlicher Beinkraft können so Geschwindigkeiten von 35-40 km/h erreicht werden. Um die dritte Stufe freizuschalten und beim Ancheer die Begrenzung der Geschwindigkeit zu deaktivieren, muss die Controller-Box des Fahrrads geöffnet und ein entsprechendes Kabel gelöst werden. Ansonsten ist das Fahrrad auf 25 km/h begrenzt und die dritte Stufe ohne Funktion. Von eigenmächtigen Modifikationen, Tuning sowie Veränderungen des Bikes sei an dieser Stelle allerdings nochmals ausdrücklich abgeraten. Das Fahrrad ist sonst nicht ohne weiteres für den deutschen Straßenverkehr zugelassen.
Zur Pedelec-Funktion ist noch folgendes zu sagen: Die Motorunterstützung fährt zwar zügiger an als gedacht, setzt bei der Fahrt aber um rund 2 Sekunden verzögert ein. Das erfordert eine gewisse Eingewöhnungszeit, ist aber schnell zu kontrollieren. Dennoch sollte bei der Verzögerung jederzeit berücksichtigt werden, dass der Motor erst rund zwei Sekunden nach dem in-die-Pedale-treten wieder aussetzt. Angenehm fällt die Lautstärke des Fahrrads auf. Zwar ist der Motor alles andere als unhörbar, wird jedoch nie störend laut. Schaut man sich die Scheibenbremsen an, kann man durchaus zufrieden sein: Zwar ist auch hier noch Potential zur Optimierung offen, im Test arbeiteten aber sowohl Vorder- als auch Hinterbremse vernünftig. Der Bremsweg könnte allerdings kürzer sein und die Bremsen quietschen minimal. In Anbetracht des Preises jedoch alles völlig verschmerzbar. Wer mehr will, kann nachrüsten.
Der Motor ist mit 250 Watt auch ausreichend stark, sodass Steigungen mühelos bewältigt werden können. Da kommt man nicht ins Schwitzen. Sollte man den Gasgriff montiert und angeschlossen haben, können Geschwindigkeiten bis zu 29 km/h ohne Treten, also ohne Muskelkraft, erreicht werden. Außerdem ist die Anfahrt schneller und direkter möglich. Eigentlich ist dieses Feature ohnehin nur als Anfahrhilfe gedacht und im normalen Straßenverkehr nur bis 6 km/h zulässig. Auf Privatgrundstücken ist die Fahrt überhalb dieser Begrenzung allerdings problemlos gestattet. Im normalen Straßenverkehr benötigt man dafür allerdings ein Kennzeichen, eine Versicherung und einen Mofaführerschein.
Akkuleistung und Ersatzkkus
Der mitgelieferte Flaschenakku arbeitet mit 8 aH bei 36 Volt und liefert dabei 288 Wattstunden. Das ist nicht besonders viel. Dennoch machte die Batterie von Ancheer im Test keine allzu schlechte Figur. Nach über 30 Kilometern leuchteten noch zwei der fünf Akkulämpchen auf dem Display auf. Gefahren wurde größtenteils im mittleren Pedelec-Modus mit gelegentlichem Einsatz der anderen Geschwindigkeitsmodi. Somit erscheint eine Reichweite von rund 40 Kilometern bei moderater Nutzung als realistisch. Bei niedriger Motorunterstützung können sicher auch Entfernungen über 50 Kilometer erreicht werden. Bei einer Restladung von rund 20 Prozent brauchte das Ladegerät gute vier Stunden, um die Batterie wieder vollständig aufzuladen. Eine volle Ladung wird also sicher rund fünf Stunden benötigen. Am Akku selbst kann man sich übrigens auch noch über die restliche Akkuleistung informieren – drei LEDs zeigen dann auf Knopfdruck den ungefähr verbleibenden Akkustand an.
Möchte man sich einen Ancheer Ersatzakku holen, hat man gleich mehrere Möglichkeiten. Beim Hersteller selbst ist ein identischer Akku mit 8 aH für rund 250 Euro (ggf. zzgl. Zollgebühr) zu bekommen. Bei anderen Händlern allerdings findet man potentere Akkus teilweise bereits ab 170 Euro. Fündig wird man hier auf Portalen wie eBay, Amazon, Wish oder auch AliExpress. Wer richtig viel Leistung möchte, findet auch sehr starke Alternativen Online. Ein Flaschenakku bis 20 aH mit rund 650 Wattstunden kann dafür aber schon mal 500 Euro veranschlagen. Wichtig dabei zu wissen: Laut Datenblatt, das dem Fahrrad beiliegt, scheint der Motor auch mit Akkus bis 42 Volt arbeiten zu können. Der Markt für Ancheer Ersatzakkus ist insgesamt etwas unübersichtlich. So gibt es optisch identische Akkus, welche dann allerdings wieder andere Kontakte an der Unterseite verwenden – ohne ein Basiswissen sollte also eigenmächtig kein Ersatzakku gekauft werden. Im Zweifelsfall nimmt man eben den Weg über Hersteller Ancheer direkt und fährt damit auf der sicheren Seite.

Ein Gedanke zu „Ancheer E-Bike Test: Brauchbares Pedelec für 600 Euro?“