Jahre vor Oliver Stone hat eine belgische Low-Budget-Produktion gezeigt, wie die Faszination an dem Wesen eines Mörders entsteht und wie leicht es für Beobachter sein kann, diesem zu verfallen. Dabei werden nahezu alle Register gezogen, um dem Zuschauer das Gezeigte so schwarzhumorig, verstörend und absurd wie möglich zu vermitteln, ohne dabei die Realität zu sehr zu überhöhen.
Inhalt:
Ein junges Filmteam begleitet den Killer Benoit bei seinen täglichen Aktivitäten. Während sie dabei zum Großteil dessen Umfeld und Charakter einfangen, wird natürlich auch bei seinen Morden immer dokumentiert. Dabei werden die zunächst Unbeteilgten bald zu Komplizen, als sie immer mehr in die Morde hineingezogen werden. Irgendwann überschreiten sie dabei eine Grenze…
Skandalfilm wäre übertrieben, weil „Mann beißt Hund“ leider nie die Aufmerksamkeit bekommen hat, die er verdient hätte. Das liegt ganz einfach an der experimentellen Umsetzung dieser bitterbösen Satire. Mit einfachsten Mitteln gefilmt, kommt der Film in extrem grobkörnigen, dafür umso passenderen, Schwarzweiß-Aufnahmen daher. Diese unterstreichen die rauhe Atmosphäre der Mockumentary grandios. Ein weiteres Problem für die breite Masse dürfte der Killer Benoit sein (Benoît Poelvoordes beste Rolle!), der zwar weder vor Rentnern, noch Kindern halt macht, dafür umso sympathischer und intelligenter wirkt bzw. wirken möchte, wenn er über Kunst, Kultur und die Architektur von Sozialwohnungen philosophiert. Kein hirnloses, einschüchternes Monster, sondern ein elegant gekleideter Mann, mit fast hagerer Figur. Eben ein Mann, der in fast jeder Nachbarschaft anzutreffen ist. (Daher wohl der französische Originaltitel)
Ein Film der Kontraste. Sympathie trifft auf Grauen, Humor auf Schock und Authentizität auf eine teilweise verfremdete Realität. Genau das macht den Film zu einem unbequemen, aber unheimlich interessanten Stück Zelluloid. Eine Szene kann man fast als Sieg des Mediums Film über Video interpretieren, wenn man dies möchte. Möglichkeit ist genug gegeben.
Wer mal sehen will, was Oliver Stone zu „Natural Born Killers“ getrieben haben könnte, dem sei dieses Werk ans Herz gelegt. Aber Vorsicht, dass das Lachen nicht im Halse stecken bleibt! Wenn Benoit seine köstlichen Beobachtungen äußert, kann dies nur allzu leicht vorkommen. Wenn man bedenkt, dass sich Regisseur Rémy Belvaux 2006 das Leben nahm, wirkt dieses raue Stück Arthouse-Film noch eine Spur härter. In jedem Fall hat Belvaux einen Film zurückgelassen, der einfach bemerkenswert ist. Ein wahres Meisterwerk des Kultfilms, das an den richtigen Stellen wehtut.
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