1982 revolutionierte Disneys „Tron“ den Science-Fiction-Film und brachte die Tricktechnik auf ein neues Niveau. Vor allem die einprägsame Bebilderung der „Lichtrenner-Duelle“ blieb bis heute in Erinnerung. Die Vorstellung des Menschen in eine künstliche Computerwelt einzutauchen, erhielt vor dem Hintergrund des Videospielbooms der 80er Jahre enorme Bedeutung. Eine Fortsetzung war nicht unwahrscheinlich, aber knapp 30 Jahre später doch ungewöhnlich. Disney wagte das Unterfangen und wurde mit 400 Mio. Dollar an den Kinokassen belohnt.
Tatsächlich ist der Erfolg kein Wunder. Visuell ganz auf Bombast getrimmt, wird auch im Zusammenspiel mit dem druckvollen Elektrosoundtrack von „Daft Punk“ (inkl. kleinem Gastauftritt) beste Unterhaltung geboten. Im Gegensatz zu Michael Bays Zerstörungsarien („Transformers“ 1-3) werden sogar tiefergreifende Motive aufgegriffen. Leider schöpft der Film die Themen Religion, Esoterik und Spiritualität zu keiner Sekunde aus, sondern bildet sie als reines Alleinstellungsmerkmal ab. Auch sonst fällt die Handlung durch ihre klischeegetränkte Vater-Sohn-Beziehung eher negativ auf. Für Zuschauer ohne Vorkenntnisse ist das Handlungsgerüst rund um das „Raster“ außerdem mehr als überfordernd : Mehr als die ersten Minuten werden nicht zur Expostion des groben Rahmens genutzt. Der Zuschauer wird sozusagen ins kalte Wasser geworfen.
Prinzipiell ist die Handlung aber zweitrangig, denn „Tron Legacy“ ist ein Film der Schauwerte. Dafür bietet die „Flucht in virtuelle Welten“ mehr als genug Material. Visuell trifft das Neue auf das Alte. Der Look ist weitgehend identisch mit den neondurchfluteten Bildern der 80er und der Vorstellung vom Cyberspace. Um den Film an aktuelle Sehgewohnheiten anzupassen, wurde dem visuellen Stil eine Frischzellenkur verabreicht. Somit wirken die Actionszenen eindrucksvoller denn je. Die technische Entwicklung macht auch vor den Darstellern nicht halt: Jeff Bridges Alter Ego „Clu“, welches das jugendliche Ebenbild seiner selbst darstellt, wurde mit dem Computer und dem Motion-Capturing-Verfahren umgesetzt. Dies geht einher mit dem typisch künstlichen Look, welcher aber zur virtuellen Figur fabelhaft passt. Die von Stanley Kubrick und James Cameron („2001″, „Terminator“) etablierten Motive der Urangst vor dem technischen Fortschritt werden ebenfalls aufgegriffen. Wie so oft wendet sich der technische Fortschritt, in diesem Fall durch „Clu“ repräsentiert, gegen seinen Schöpfer.
Letztendlich ist „Tron Legacy“ ein Film der Oberflächen, der an Inhalten wenig interessiert ist. Die aufgegriffenen Themen, welche dem Film Tiefe verleihen könnten, werden dem gnadenlosen Effektoverkill geopfert. Für Freunde des Optikkinos eine Freude, doch mehr als Computerzauber wird nicht geboten.
Bewertung: 4/5
Ursprünglich veröffentlicht am 05.08.2014 auf OFDb.de